Was ist Hochsensibilität?

Hochsensibilität ist ein Phänomen, das laut Studien auf 15 – 20 Prozent der Menschen (und auch der Tiere) zutrifft. Erforscht wurde es in den 1990er Jahren von der amerikanischen Psychologieprofessorin und Psychotherapeutin Elaine Aron, die auch den Begriff Hochsensibilität geprägt hat.

Im Wesentlichen handelt es sich bei Hochsensibilität um eine Disposition des Nervensystems, die bewirkt, dass hochsensible Menschen mit der eigenen Wahrnehmung mehr Reize aufnehmen als Menschen mit normal sensiblem Nervensystem. Die Ausprägung der Empfindsamkeit kann dabei variieren. Manche Hochsensible reagieren besonders empfindsam auf Geräusche, andere auf Gerüche und wieder andere auf Stimmungen im Raum.

Durch die erhöhte Aufnahme von Reizen brauchen hochsensible Menschen immer wieder Pausen, um diese Informationsflut zu verarbeiten. Gönnen sie sich diese Regenerationsphasen nicht, kommt es zu einer Überlastung im System, die sich zunehmend belastend auf die seelische und körperliche Gesundheit auswirkt. Folgen können u.a. eine dauerhaft erhöhte Anspannung im Körper oder auch eine klassische Burn Out Symptomatik sein.

Das Phänomen Hochsensibilität wird - Gott sei Dank - in den letzten Jahren bekannter in Deutschland. Vor einigen Jahren begannen z.B. größere Zeitschriften damit, der Hochsensibilität Leitartikel zu widmen. Dadurch und auch durch zahlreiche andere Publikationen in anderen Medien erfahren inzwischen immer mehr Menschen, dass sie zu den sogenannten HSP´s* gehören. Ich habe immer wieder erlebt, wie erleichtert Menschen sind, wenn sie eine plausible Erklärung für Wesensmerkmale bekommen, die sie bislang nicht einordnen konnten und für die sie oft sogar belächelt oder abgelehnt wurden.

Hochsensibilität ist demnach keine Krankheit oder Störung. Es ist eine Disposition des Nervensystems, mit der man geboren wurde, die erblich ist und mit der es gilt, gut leben zu lernen.

Das heißt einerseits,

  • die Herausforderung zu meistern, die darin liegt, mit einer hohen Empfindsamkeit in dieser auf Leistung und auf Schnelligkeit orientierten Gesellschaft seinen Platz zu finden und andererseits,
  • die eigene Gabe, die in der Hochsensibilität liegt zu erkennen, sie schätzen zu lernen und sie auf für sich stimmige Weise in die Welt zu bringen.

 

 

Potentiale von hochsensiblen Menschen sind:

  • Sie haben fein gestimmte Antennen, mit denen sie intuitiv Atmosphären und Zwischentöne wahrnehmen können.
  • Sie können sich gut auf ein Gegenüber einstimmen, sind gute ZuhörerInnen.
  • Es fällt ihnen leicht, komplexe Zusammenhänge zu erfassen.
  • Sie sind oft sehr genau.
  • Sie sind auf eine feine Weise kreativ.
  • Sie interessieren sich für tiefere Ebenen des Daseins, z.B. für Spiritualität.

Man findet sie häufig in kreativen oder sozialen/therapeutischen/heilenden Berufen.

Ich halte es für einen wesentlichen Prozess, dass sich in dieser Zeit immer mehr hochsensible Menschen ihres Potentials bewusst werden. Die Leistungsorientierung der Gesellschaft braucht m.E. dringend ein Gegengewicht, damit weibliche (intuitive) und männliche (dynamische) Kräfte wieder in eine Balance kommen.

Wie finde ich heraus, ob ich hochsensibel bin?

Es lässt sich bisher nicht an wissenschaftlich erforschten Kriterien festmachen, welcher Mensch hochsensibel ist und welcher nicht. Sie können aber anhand eines Fragenkatalogs bzw. Tests herausfinden, ob Sie wahrscheinlich zu den hochsensiblen Menschen gehören. Entscheidend ist am Ende Ihr eigenes Gefühl von Stimmigkeit dazu.

Der folgende Test stammt von Elaine Aron. Er ist der Klassiker unter den Tests und ein erster Anhaltspunkt.

In der deutschen Übersetzung aus der Zeitschrift „Psychologie heute“:

Im Original:

An der inneren Resonanz in Ihnen werden Sie beim Beantworten der Fragen spüren, ob Sie tendenziell mit dem Thema etwas zu tun haben oder nicht.

Literatur

Literatur über Hochsensibilität gibt es inzwischen sehr zahlreich. Auf der Seite des Informations -  und Forschungsverbund e.V. finden Sie eine lange Liste klassischer und aktueller Bücher zum Thema:

Mein Lieblingsbuch ist: Ulrike Hensel „Mit viel Feingefühl“ Hochsensibilität verstehen und wertschätzen, da ich es als sehr fundiert, gut strukturiert und verständlich geschrieben empfinde.

Interviews


* HSP ist die von Elaine Aron im Englischen eingeführte Abkürzung für „Highly Sensitive Person“. Im Deutschen kann sie als „Hochsensible Person“ gelesen werden.